Besiedelung der Ötscher – Region durch evangelische Holzknechte Mitte des 18. Jahrhunderts kamen die Vorfahren der Evangelischen Pfarrgemeinde Mitterbach mit Sack und Pack in diese Gegend. Sie stammten aus dem Dachsteingebiet. Das Holz und somit der gesicherte Arbeitsplatz als Holzknechte des Stiftes Lilienfeld hatte sie zur Wanderung bewogen.
Die Holzknechte hatten noch einen anderen bedeutsamen Grund für ihren Zusammenhalt: Es war ihr evangelischer Glaube, an dem sie im Geheimen festhielten.
Die erste evangelische Kirche wird Realität Nach Erlassung des Toleranzpatentes erschien 1782 die ledige Magd Sabine Gamsjäger in der Pfarrkanzlei Annaberg öffentlich „evangelisch“. Ende März waren es schon 260 Personen. Die erste Pfarrgemeinde in Am Christtag des Jahres 1785 fand die Einweihung des Bethauses in Mitterbach statt. Das Bethaus durfte damals keinen Turm haben, keine runden Fenster und keinen Eingang zur Straße hin.
Die beiden Engel im Altarraum erinnern an die Zeit des Geheimprotestantismus im Hagengut, sie stammen aus dem Kirchlein St. Johann in der Wüste.
Im Laufe der Zeit wuchs die evangelische Gemeinde. 1786 wurde eine eigene Schule eröffnet und ein Friedhof angelegt. Pilger, die auf der Wallfahrt nach Mariazell waren, verschönerten das Bethaus. Sobald es im Jahr 1849 erlaubt war, wurde der Traum von Turm und Glocken wahr.
Die Gemeinde wächst – Predigtstationen – Ein schönes Zeichen, wie sich die Toleranzgemeinde im Laufe der Zeit entwickelte, ist der Kirchenbau in Reith und dessen Einweihung im Jahr 1930. Aufgrund der hohen Anzahl der Evangelischen in und um Reith und der schlechten Zugverbindung nach Mitterbach plante die Gemeinde,
eine Predigtstation zu errichten. Als würdiger Bau kam nur eine Kirche in Betracht, zu deren Verwirklichung man nach Kräften beizutragen versprach. Bis heute wird in Reith einmal im Monat Gottesdienst gefeiert.
Weiters bietet das Bethaus in Ulreichsberg auf dem Waldgebiet des sogenannten „Ulreichsberger Fond“ heute für Pilgergruppen und Konzerte einen besonderen Ort. Einmal im Jahr findet dort ein gemeinsamer Gottesdienst mit der Nachbargemeinde Traisen – St.Aegyd statt.
Renovierung des Kirchen – Innenraumes der ältesten evangelischen Kirche Niederösterreichs
Vor vier Jahren entschied sich die Gemeinde eine umfangreiche Sanierung des Mitterbach durchzuführen, um auch den ursprünglichen Bethausstil wieder klar erkennbar werden zu lassen. Die Maßnahmen zur Neugestaltung durch die Architekten DI Ernst Beneder und DI Dr. Anja Fischer sind in der sachlichen Herangehensweise an die ursprüngliche Konzeption motiviert und bauen auf Materialechtheit und schlichte, den Raum betonende Oberflächen. So wurde u.a. die Hauptempore wieder zurückgesetzt und mit zwei Seitenemporen – wie ursprünglich – ergänzt.
Der Eisenkunstguss stellt Gottvater und Christus auf der Weltkugel (19.Jh.) dar und stammt aus der nahen Kunstgießerei Gußwerk.
Kirchenrenovierung 2016
Innenrenovierung und Gestaltung des Innenraumes
der Evangelischen Kirche in Mitterbach
Der Ursprung der heutigen evangelischen Kirche in Mitterbach liegt im Bethaus aus dem Jahr 1785. In der Folge wurde dieses zur Kirche ausgebaut und entsprechend erweitert. Der Bethausstil gibt Auskunft über die Geschichte der Pfarrgemeinde und trägt damit wesentlich zur besonderen Identität unserer Pfarrgemeinde bei. Die Kirche ist durch ihre Geschichte und als Zentrum des aktiven Gemeindelebens ein bedeutsamer Ort.
Seit Jahren sind Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen in der Kirche nötig geworden. Auch wenn vieles durch ehrenamtliche Hilfe instandgesetzt werden konnte, fehlten für eine „große Renovierung“ immer die finanziellen Mittel. So sind z. B. die Mauern durch aufsteigende Feuchtigkeit stark belastet, diverse Putzschäden und Schäden durch Kondensatbildung vorhanden, Beläge und Oberflächen renovierungsbedürftig etc. Weiters ist das Heiz- und Elektrosystem teilweise defekt bzw. entspricht nicht mehr den heutigen Erfordernissen.
Aufgrund dieser nötigen Renovierungsarbeiten, durch die positive Resonanz unserer Ausstellung in Mitterbach und den Zuspruch daraus haben wir uns jetzt dazu entschieden den Kircheninnenraum zur Gänze zu renovieren und den Bethausstil auch im Inneren wieder klarer erkennbar werden zu lassen.
Die Maßnahmen zur Renovierung beziehen sich auf Hinweise der ursprünglichen Konzeption der Kirche und versuchen mit geringen Mitteln das Mögliche herzustellen. Sie setzen auf Materialechtheit und schlichte, den Raum betonende Oberflächen. Wie der Kircheninnenraum ursprünglich ausgesehen haben könnte, lässt sich durch Hinweise in Chroniken erahnen. Außerdem haben unsere Architekten Ernst Beneder und Anja Fischer (sie haben bereits einige Kirchen renoviert) eine Studie zu den Bethäusern in Österreich erstellt. Das Bundesdenkmalamt hat den Plänen bereits zugestimmt.
Die Renovierungsarbeiten
• Ende April 2016 wurde mit den Renovierungsarbeiten in der evangelischen Kirche in Mitterbach begonnen.
• Die Holzoberflächen von Altar, Kanzel und Bänken wurden auf ihren ursprünglichen Charakter zurückgeführt.
• Niveaukorrektur im Kirchen- und Altarraum. Die Stufen wurden zum Eingang in die Kirche hinunter entschärft und die Durchgangshöhe in die Sakristei bzw. in die Kirche angepasst.
• Renovierung und Neufassung der Wand-, Boden- und Deckenflächen. Dies soll materialecht dem Gedanken der Gründer der
Kirche nahekommen.
• Wärmedämmung des Bodens und der Decke.
• Die im Jahr 1970 nach vorn gezogener Empore wurde rückgebaut und wie ursprünglich durch zwei Längsemporen ergänzt. Die südliche Empore erhielt einen zusätzlichen Abgang zum Kirchenraum
(diese war ursprünglich und wurde 1854 „wegen des Lärms der Nagelschuhe“ entfernt). Diese Empore ist somit länger als die gegenüberliegende – dies war in den Bethäusern dieser Zeit üblich, wenn die Kanzel wie in Mitterbach seitlich angeordnet ist. Die Emporen wurden im Dachraum angehängt, somit wird der Blick nicht durch eine Stützkonstruktion beeinträchtigt. Ebenso wurden die hinteren Fenster wieder frei sichtbar und der Lichteinfall somit wesentlich verbessert. Im Geländer der Empore wurden die Namen der Personen verewigt, welche die Pfarrgemeinde gegründet und die Kirche erbaut haben, und dem Geländer mit den Buchstabenlücken somit auch mehr Leichtigkeit gegeben.
• Neugestaltung der Sakristei.
• Erforderliche Ausbesserung und Instandsetzung der gesamten
Elektroinstallation.
• Wandheizung (diese dient gleichzeitig als Maßnahme zur Mauertrockenlegung) über eine Wärmepumpe mit Tiefenbohrung. Durch diese wird die Kirche immer grundbeheizt, zusätzlich gibt
es eine Bankheizung.
Die Fachfirmen
Danke unseren Architekten DI Ernst Beneder und Dr. Anja Fischer und allen Fachplanern und Firmen, die ihren Beitrag zur Renovierung geleistet haben:
Baustellenkoordinator: BM Siegfried Größbacher
Statik: DI Reinhard Schneider
Elektro-Planung: Ingenieurbüro IBSR GmbH
HLS-Planung: Ingenieurbüro Sattler
Baumeister und Verputzarbeiten: BM Hölblinger und Zefferer
Restaurator: Peter Ledolter
Elektro- Installationen: Fa. Margreiter GmbH
HLS-Installationen: Fa. Koller GmbH
Metallbau-Arbeiten: Fa. Fisch OEG
Zimmermeister-Arbeiten: Fa. Dallago und Zefferer
Bautischler-Arbeiten: Tischlerei Schnabl
Paramente: Fa. Bystedt
Maler- und Anstreicher Arbeiten: Malerbetrieb BHF und Malermeister Demmerer
Allen Förderern und Spendern sagen wir ein herzliches „Vergelt’s Gott“!
Danke besonders dem Land Niederösterreich, den politischen Gemeinden, dem Bundesdenkmalamt, der Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien, der EVN AG und dem Gustav-Adolf-Verein NÖ und Österreich sowie der Evang. Kirche NÖ für die finanzielle Unterstützung.
Danke allen, die uns ehrenamtlich geholfen haben: angefangen von der Landjugend mit dem Ausräumen der Kirche, ebenso den Mitgliedern des Presbyteriums, den Damen des Putzteams, beim Nähen der Paramente, dem Blumenschmuck, Familie Werner Tiwald – Kollerbauer für die Verfügungstellung des Stadls zur Lagerung der Bänke, Frau Veronika Wagner für die Steine zur Verlegung des Vorraumbodens der Kirche, denjenigen, die die Liste der „Gründer“ erarbeitet und allen, die in unzähligen Arbeitsstunden mitgeholfen haben.
Die Bürgermeister Manfred Seebacher, Alfred Hinterecker und Bürgermeisterin Petra Zeh mit Pfarrerin Birgit Lusche und Innenminister Mag. Wolfgang Sobotka
Danke allen, die eine Patenschaft übernommen haben, namentlich Raiffeisenbank Traisen-Gölsental (Bank), Familie Manfred Seebacher (Bank), Ehepaar Brigitte und Leopold Reibenwein (Bank), Margit Reibenwein und Familie Othmar Schrempf (Lutherbild) und Elisabeth Steiner (rechtes hinteres Fenster). Baumeister Siegfried Größbacher (Weltkugel), Dr. Gerlind Schrempf und Dr. Ralf W Hoffbauer für die Schrift an der Emporenbrüstung. Geholfen, nicht nur finanziell, sondern auch mit ihrem Rat haben uns unsere Bürgermeister Alfred Hinterecker von Mitterbach, Petra Zeh von Annaberg und Manfred Seebacher von Mariazell.
Besonders verbunden fühlen wir uns dem Land Niederösterreich und sagen unserem Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll ein herzliches „Danke“. Herr Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka hat im Jahr 2014 noch in seiner Funktion als Landeshauptmann-Stellvertreter unsere Kirche besucht, diese umfassende historische Renovierung angeregt und dieses Projekt mit seiner Hilfe immer wieder begleitet.
Eine große Unterstützung bekamen wir weiters durch Herrn Michael Schmidtkunz aus Waidhofen a.d.Ybbs, der Pfarrerin Birgit Lusche und das Presbyterium bei den ersten Sitzungen begleitete und bei vielen Formalitäten und Ansuchen eine wirkliche Hilfe war und nach wie vor ist.